Wo Stehst Du
Vom Vater finanziell ausgehalten, mit Studium und Beziehung gescheitert. Er lebt in Berlin, natürlich. In der Stadt, in der man lange schlafen, in den Tag hineinleben und von "Projekten" und "Terminen" reden kann – und dabei hat man eigentlich nix zu tun. In so einem Film muss ausdrucksstark geraucht werden, und umso besser, wenn die Melancholie ihm alle Farben ausgesaugt hat, wie in "Oh Boy". Und dann auch noch alles in Schwarz-Weiß! Davor hatten Gerster manche gewarnt. "Genau das Gegenteil ist der Fall: Schwarz-weiß wird als Alleinstellungsmerkmal wahrgenommen. " So kann's gehen, und Gerster scheint noch immer erstaunt darüber. Sein Drehbuch wurde im Juli beim Filmfest in München mit einem Preis und 10 000 Euro ausgezeichnet. Mit der Arbeit daran hatte Gerster vor fünf Jahren begonnen. Da war eine Figur in seinem Kopf, die viel mit ihm selbst zu tun hatte: Ein junger Mann, der sich verrannt hat, alles in Frage stellt, der beobachtet und über seine Umwelt staunt. So einer wie Benjamin Braddock aus der "Reifeprüfung" oder Holden Caulfield, der Antiheld des "Fängers im Roggen".
Jan-Ole Gerster | Steckbrief, Bilder und News | GMX © imago images / Future Image / C. Niehaus Jan-Ole Gerster ‐ Steckbrief Name Jan-Ole Gerster Beruf Filmregisseur und Drehbuchautor Geburtsort Hagen Staatsangehörigkeit Bundesrepublik Deutschland Geschlecht männlich (Ex-) Partner Friederike Kempter Haarfarbe dunkelblond Augenfarbe blau Jan-Ole Gerster ‐ Wiki: Alter, Größe und mehr Jan-Ole Gerster ist ein deutscher Filmregisseur und Drehbuchautor. Bekanntheit erlangte er durch seinen Film "Oh Boy". Jan-Ole Gerster wurde 1978 im westfälischen Hagen geboren. Nach seinem Zivildienst und einer Ausbildung zum Rettungssanitäter, zog er 2000 nach Berlin. Dort absolvierte er ein Praktikum bei der Produktionsfirma X Filme. Als persönlicher Assistent von Wolfgang Becker war er an dessen Erfolgsfilm "Good Bye, Lenin! " aus dem Jahr 2003 beteiligt. Ende 2003 begann Gerster ein Studium in den Bereichen Regie und Drehbuch an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Dort drehte er mehrere Kurzfilme.
Doch das Drehbuch verschwand wieder in der Schublade, für Monate. Als er einen Produzenten gefunden hatte, die Finanzierung geklärt war, kam plötzlich ein langjähriger Freund von Gerster für die Hauptrolle in Betracht: Tom Schilling, der ewige Jüngling des deutschen Films, war Vater geworden – und auch äußerlich gereift. Schilling war einer der Ersten, denen Gerster das Drehbuch zum Lesen gegeben hatte, "und er hat mir klargemacht, dass er die Rolle wahnsinnig gerne spielen würde", sagt der Regisseur. Sogar einen fünfseitigen Brief schickte Schilling dem Freund, um das zu beweisen. Mit Erfolg. Für den Rest der Besetzung schrieb sich Gerster eine Wunschliste, noch voller Demut. "Der alte Mann müsste sein wie Michael Gwisdek, der Vater so wie Ulrich Noethen", dachte er sich. Tom Schilling ermunterte ihn, bei den Agenturen anzufragen – und am Ende stand eine für einen Erstlingsfilm respektable Besetzungsliste: Gwisdek und Noethen sagten zu, außerdem Frederick Lau, Friederike Kempter, Justus von Dohnányi und Katharina Schüttler.
Auf dem Weg zum Café noch schnell Zigaretten holen. "Die Zeit haben wir doch? ", fragt Jan-Ole Gerster, ein blonder Schlaks in Anorak und Jeans. Er eilt zum nächsten Kiosk. In seinem Kiez rund um die Schönhauser Allee kennt sich der 34-Jährige aus. Eigentlich hatte der Regisseur aufgehört mit dem Rauchen, doch dann kam vor vier Monaten der Premierenstress. "Oh Boy", sein Spielfilmdebüt, lief zuerst auf dem Filmfest im tschechischen Karlsbad. Es folgten Einladungen nach München und Paris, bald geht es auf Welttournee nach Los Angeles, Singapur und Marrakesch. An diesem Donnerstag ist Kinostart in Deutschland. Melancholie liegt über Gersters weit gereistem Berlin-Film, schon im Titel hat sie sich eingenistet: "Oh Boy", das ist lakonisch, wehmütig, dahingeseufzt. Und gemeint als Zitat aus dem Beatles-Song "A Day In The Life". Einen Tag im Leben des Endzwanzigers Niko Fischer zeigt auch der episodisch erzählte Film. Niko Fischer ist ein Slacker, ein antriebsloser, vom Leben geschlauchter Müßiggänger.
Wo Stehst Du, 2024