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Mumifizierung Die Küstenindianer Virginias häuteten ihre Toten und entfleischten die Knochen. Die Knochen ließen sie in der Sonne trocknen und packten sie dann wieder in die Haut. Die Zwischenräume wurden mit feinem weißen Sand aufgefüllt, so daß der Tote unverletzt aussah. Das Fleisch wurde ebenfalls getrocknet und zu dem Toten gestellt (Bericht um 1722). Beisetzung in Urnen In New Mexiko wurden um 1876 Tonurnen von 20-30 cm Höhe gefunden, die mit menschlichen Knochen gefüllt waren und auf eine Zweitbestattung hinwiesen. Diese Begräbnisform kann nicht eindeutig einer Ethnie zugeordnet werden, da zudem die Bestattung in Urnen sehr selten ist. Oberflächenbestattung Die Seminolen in Florida bestatteten um 1877 ihre Toten in hohlen Bäumen, die sie wieder verschlossen. Bei den Omaha am Mississippi hatte der bekannte Maler George Catlin 1844 beobachtet, daß eine hochgestellte Persönlichkeit auf ihrem toten Pferd sitzend bestattet worden war. Die Crees in Kanada legten ihre Toten in leichte Vertiefungen in der Erde und bedeckten diese mit Stämmen und Platten (um 1858).
Für den nordamerikanischen Kontinent lassen sich im allgemeinen vier Kategorien von Bestattungsformen unterscheiden. Es sind dies: Erdbestattung oberirdische Bestattung Feuerbestattung Wasserbestattung Die restlichen Bestattungsformen seien der Vollständigkeit halber genannt. Dazu sind weitere Unterscheidungen zwischen Primär- Sekundär- und Tertiär-Bestattung zu treffen. Beispiele für Bestattungen Körperbestattung Die Pima im Südwesten der Vereinigten Staaten schnürten um 1877 ihre Toten mit Seilen in eine sitzende Stellung und setzten sie in ein Loch von 2-3 Metern Tiefe. Anschließend wurde die Grube mit Steinen und Erdreich aufgefüllt und an der Oberfläche mit Baumstämmen gegen Aasfresser geschützt. Die Saw-Indianer in der Gegend von New York legten nach einem Bericht von 1794 ihre Verstorbenen in ein Kanu, das sie mit ihm vergruben. Das Grab wurde gekennzeichnet, und die Hinterbliebenen brachten jedes Jahr Speisen zu dem Grab. Die Muscogees in Carolina begruben um 1791 ihre Toten unter den Fußböden ihrer Häuser.
Schon immer haben die Menschen zu allen Zeiten und an allen Orten der Welt auf ein vielleicht besseres Leben nach dem Tod gehofft. Was genau nach dem Tod kommt kann aber niemand wissen, egal woran er glaubt oder was andere Menschen darüber sagen. Im Islam, dem Judentum und bei den Christen glaubt man, dass die Seele des Verstorbenen durch Engel in den Himmel zu Gott gelangt. In diesem Himmelreich sind alle Menschen glücklich. Menschen, die durch den Tod getrennt wurden, können sich hier wieder sehen. Viele Naturvölker wie die Indianer glauben, dass die Seele des Toten als Lebewesen oder Erscheinung in der Natur weiterlebt. Sie verwandelt sich dann vielleicht in eine Blume, ein Tier oder in einen warmen Sommerregen. Viele Menschen denken, dass der Tod das Ende ist, weil der Körper und die Seele des Menschen für immer zerfallen. In der Antike sagte der weise Mann Epikur, dass uns der Tod nichts angeht und man sich nicht fürchten braucht. Man spürt nichts vom Tod und braucht sich deshalb auch keine Gedanken darüber machen.
Die Indianer Nordamerikas Das Bewußtsein über die Verbundenheit mit der Natur war im Glauben aller Indianervölker Nordamerikas maßgeblich. Der Große Geist ist der Schöpfer des Weltalls und wurde als Vater verehrt. Die Erde wurde als Mutter verehrt, die alles Lebendige auf ihr ernährt. Die Vorstellung, wie sich die Schöpfung vollzogen hat, war bei den Indianervölkern unterschiedlich; jedoch wurde diesen Schöpfungsgeschichten keine zu große Bedeutung beigemessen. Im Vordergrund standen Mensch und Natur. Gemeinsam war auch die Vorstellung, daß alles Lebendige miteinander in Bezug steht und von geistigem Wesen ist. Den Indianern galten die Tiere als heilig, deshalb wurde ihnen mit Respekt begegnet. Die Jagd auf Tiere diente nur zum Lebenserhalt. Im Glauben der Indianer nahm der Geist eines Tieres den Tod seines Körpers nicht übel, wenn der Mensch Respekt zeigte, das heißt in Ritualen der gesamten Tierart huldigte und bei der Jagd saubere, scharfe Waffen verwendete sowie den toten Tierkörper geschickt zerteilte und alles von diesem sinnvoll verwertet wurde.
Kremation Bei den Tolkotin in Oregon wurde 1831 der Tote neun Tage lang aufgebahrt und am zehnten Tag verbrannt. Der Scheiterhaufen wurde auf einem erhöhten Platz errichtet und entzündet, sobald der Tote darauflag. Die Witwe des Toten war verpflichtet, so lange wie möglich bei dem Toten auszuhalten. Sie wurde von denen, die glaubten, sie habe ihren Ehemann nicht gut behandelt, immer wieder zum Scheiterhaufen gestoßen. Die Achomawi in Californien praktizierten 1878 eine sogenannte Teilbestattung. Sie gruben den Verstorbenen stehend ein und schnitten ihm den Kopf ab. Der Kopf wurde verbrannt, und mit der Asche bemalten sich die Hinterbliebenen das Gesicht. Hochbestattung Bei den Inuit wurde um den Toten, der auf einer Holzplattform lag, ein Zelt aus Holzstangen errichtet. Die Dakota auf den Great Plains wickelten ihre Toten um 1854 in Lederhäute und legten sie mit ihren Beigaben auf ein Gestell aus Holz oder in die Astgabeln eines Baumes. Die Choctwas in Carolina legten ihre Toten auf einem Gestell aus und setzten die Knochen später in einem Beinhaus bei.
Es kam daher darauf an, sie schon während des Begräbnisrituals, aber auch während der Trauerzeit danach, zu unterstützen. Je nach Vorstellung hat man den Toten dazu entweder persönliche Gegenstände mit ins Grab gelegt oder aber den gesamten Besitz und auch ihre Häuser zerstört, um die Bindung an das Diesseits zu unterbrechen. Die Verstorbenen wurden darüber hinaus oft in ihren besten Kleidern bestattet und bemalt, Schmuck und andere Grabbeigaben waren ebenfalls keine Seltenheit. Verbreitet war auch der Glaube an zwei Seelen – eine irdische, die mit dem Körper stirbt, und eine spirituelle, die ins Jenseits eingeht. Diese konnte für die engsten Angehörigen jedoch verhängnisvoll sein und ihnen schaden, weil sie das Diesseits unter Umständen nicht verlassen wollte. Deswegen wurden die Verstorbenen in einigen Stämmen nicht von ihren Hinterbliebenen bestattet, sondern von Fremden. Das Leben nach der Bestattung Für die Familie und die Hinterbliebenen gab es während der Trauerzeit verschiedene Verhaltensregeln und Rituale.
Die Chinook im Washington Territory setzen ihre Toten in einem Holzkanu bei, das auf einem Gestell ruht. Die genannten Chinook pflegten tote Kinder, die in ihrem Tragebrett gestorben waren, diese im Tragebrett auf dem Wasser auszusetzen. Verstorbene Sklaven versenkten sie im Wasser. Bestattungsriten Je nach gesellschaftlicher Sanktionierung und Jenseitsvorstellung wurden die Toten für ihren letzten Weg vorbereitet, wobei gewisse Formen der Trauer einzuhalten waren. In der Regel wurde der in seine besten Kleider gehüllte Verstorbene bemalt, erhielt Schmuck und die Insignien seines Ranges in der Gesellschaft. Man versah den Toten mit Grabbeigaben, Lebensmitteln und Opfergaben. Nicht selten wurde sein persönlicher Besitz vor der Bestattung rituell "getötet", das heißt zerschlagen oder unbrauchbar gemacht. Die Trauer um einen Toten bedeutete zunächst den Verzicht auf die gewohnte Lebensweise. Es wurden Speise- und Verhaltenstabus befolgt, die Hinterbliebenen hatten Totenklagen durchzuführen und Zeremonien auszurichten.
Dazu gehörten zum Beispiel im Kindbett verstorbene Frauen, Selbstmörder, vom Blitz Erschlagene, Ertrunkene oder Tote, die man nicht ordentlich bestattet hatte. Nicht unbeschwerlich war der Weg ins Jenseits. Oft hatte die Seele einen schweren und gefährlichen Pfad vor sich, auf dem sie versagen konnte und dann unrettbar verloren war. Ausschlaggebend war auch hierbei das diesseitige Leben. Die Milchstraße war für viele Stämme der Weg, auf dem die Seelen ins Jenseits gingen. Oft stellte man sich das Jenseits als eine Welt vor, in der es viel Wild und keinen Hunger, keinen Krieg und keine Katastrophen gibt. Veronika Ederer, 1998 Die Abbildungen stammen in verkleinerter Form aus: Dr. H. C. Yarrow, North American Indian Burial Customs Literatur: Schroeter, W. : Tod, Bestattung und Nachleben bei den postcolumbischen Indianern Nordamerikas 1-9; In: Magazin für Amerikanistik, Wyk auf Foehr; Heft 4/4. Quartal 1996 - Heft 4/4. Quartal 1998 Yarrow, H. : North American Indian Burial Customs. Ogden, Utah 1988 siehe auch: von Antje Baumann
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