Wo Stehst Du
| 30. 12. 2009 13:03 | Preis: ***, 00 € | Sozialrecht Beantwortet von Rechtsanwältin Britta Möhlenbrock Folgender Sachverhalt: Mein Opa hatte mir vor 5 Jahren 10. 000, - EUR geschenkt (Notar. Schenkungsurkunde ohne Verwendungszweck liegt vor). Nun ist er in einem Pflegeheim untergebracht und kann die Kosten nicht selber finanzieren (ca. 1. 000, - € fehlen monatlich). Die Sozialhilfe wurde beantragt und das Sozialamt prüft Die Schenkung werde ich angeben müssen, und vermutlich erstatten sollen. Die Kinder meines Opa´s sind finanziell in der Lage, die Pflege zu bezahlen, wollen aber erst die Schenkung zurück haben, bevor sie leisten, weshalb das Sozialamt eingeschaltet wurde. Mein Opa ist aus gesundheitl. Gründen nicht in der Lage sich zu äußern. Ich habe diese 10. 000, - EUR nicht mehr und ich besitze kein Barvermögen, Geldanlagen Sparbuch, Lebensversicherungen etc.. Mein Einfam. -Haus ist noch bis 2020 verschuldet (Bankdarlehen). Das Auto ist finanziert. Ich bin verheiratet, habe zwei schulpflichtige Kinder, Nettoeinkommen ca.
Immer mehr Menschen sind im Alter auf Grundsicherung zur Deckung des Lebensbedarfs und der Pflegekosten angewiesen. Das Sozialamt prüft in solchen Fällen auch, ob innerhalb der letzten Jahre Schenkungen erfolgten, welche nunmehr wegen Verarmung des Schenkers zurückgefordert werden können. Rechtliche Grundlage dazu bietet § 528 BGB. Eine Rückforderung ist möglich, wenn die Schenkung nicht mehr al s10 Jahre zurückliegt. Der Beschenkte kann sich aus verschiedenen Gründen gegen die Rückforderung wehren. Zu prüfen ist als erstes, ob es sich tatsächlich um eine Schenkung handelt, oder ob damals der Leistung des Schenkers eine Gegenleistung des Beschenkten gegenüberstand. Auch Pflicht- und Anstandsschenkungen, Ausstattungen sowie unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten unterliegen nicht dem Rückforderungsanspruch gem. § 528 BGB. Vorsicht ist geboten, wenn dem Geschenk Gegenleistungen in Form von Pflegeleistungen gegenübergestellt werden sollen. Pflege von Angehörigen wird häufig als familiäre Pflicht betrachtet, welche über das Geld der Pflegeversicherung hinaus nicht gesondert vergütet werden soll.
Auch wenn der Beschenkte das Geld schon längst ausgegeben hat und sein Einkommen unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt (§ 529 Abs. 2 BGB) kann dies gegen eine Rückforderung sprechen. Eine Ausgabe liegt dann vor, wenn Geld ausgegeben wurde und durch die Ausgabe auch kein wirtschaftlicher Vorteil mehr gegeben ist, z. wenn das Geld für eine Kreuzfahrt verbraucht wurde. Anders liegt der Fall, wenn mit dem geschenkten Geld ein Auto, Schmuck o. ä. angeschafft wurde. Denn diese stellen einen noch vorhandenen Vermögenswert dar und können wieder verkauft werden. In jedem Fall darf der Beschenkte durch die Rückgewährung nicht gezwungen sein, seinen eigenen angemessen Unterhalt zu gefährden. Relevant könnte die Frage des Herausgebens von Geschenktem z. auch bei regelmäßigen Zahlungen eines "Taschengelds" an Enkel sein. Hier müsste man prüfen, ob die Beträge im Bereich des Üblichen an monatlicher Zuwendung an Enkel liegen, gemessen am sozialen Umfeld des Großelternteils. Tatsächlich ist jeder Einzelfall aber im Detail zu prüfen und zu bewerten.
Die Herausgabe des Geschenkes kann aber nur im Rahmen der Vorschriften einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangt werden, § 818 BGB. Soweit Sie sich auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen können, kann das Sozialamt keine Zahlung von Ihnen verlangen. Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist nach § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Was nun aber tatsächlich unter Entreicherung im Sinne dieser Bestimmung zu verstehen ist, ist in diversen Einzelbereichen durch Rechtsprechung definiert, welche leider nicht immer einheitlich ist. Voraussetzung ist jedenfalls, dass – soweit das Geld verbraucht ist – nicht noch Vermögensvorteile dennoch fortbestehen. So ist nach der Rechtsprechung zum Beispiel bei der Tilgung von Schulden keine Entreicherung anzunehmen, da auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit als vermögenswerter Vorteil anzusehen ist, welcher fortbesteht. Außerdem dürften mit dem Geld nicht noch bestehende Anschaffungen erfolgt sein.
Das Pro-Kopf-Vermögen in Deutschland steigt von Jahr zu Jahr weiter an. Alleine das in Deutschland im Jahr 2012 verfügbare Geldvermögen belief sich auf den erstaunlichen Betrag von 4. 939 Milliarden Euro. Viele vermögende Deutsche wollen ihre angesparten Vermögenswerte aber nicht für sich alleine behalten. Vielmehr steht bei vielen begüterten Menschen die Unterstützung und Absicherung nächster Angehöriger oder des Ehepartners durchaus im Fokus. Gleich, ob aus steuerlichen Motiven oder aus rein familienorientierten Gründen, wandern jedes Jahr hohe Geldbeträge auf dem Weg der Schenkung an die nächste Familiengeneration oder aber auch an den eigenen Partner. Gegen diesen lebzeitigen Geldtransfer ist auch gar nichts einzuwenden, macht es doch sehr viel Sinn, sein Vermögen nicht auf einen Schlag im Erbfall in fremde Hände zu überführen, sondern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge die potentiellen Erben bereits frühzeitig an den eigenen Vermögenswerten zu beteiligen. Der Schenker sollte lediglich darauf achten, für bestimmte Situationen Rückforderungsrechte mit dem Beschenkten zu vereinbaren.
Der Großvater wurde später pflegebedürftig und konnte seine Versorgung nur noch teilweise aus eigenen Mitteln tragen. Den ungedeckten Differenzbetrag der Pflegeheimkosten übernahm der Sozialhilfeträger. Dieser wandte sich an die Enkelin und forderte das Geschenkte in Höhe der Pflegeaufwendungen zurück, begründet mit der Überleitung der Rückforderungsansprüche gemäß § 93 SGB XII (12. Buch Sozialgesetzbuch). Da die Enkelin dies verweigerte, klagte der Sozialhilfeträger. Die beklagte Enkelin hielt dem Klageanspruch entgegen, es habe sich bei den Zahlungen des Großvaters um ein Taschengeld und damit Anstandsschenkungen gehandelt. Anstandsschenkungen sind nach § 534 BGB Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, und die nicht der Rückforderung und dem Widerruf unterliegen. Das Amtsgericht (AG) schloss sich dieser Auffassung nicht an und verurteilte die Beklagte an den Sozialhilfeträger 3. 511, 44 € zu zahlen. Die Beklagte legte gegen dieses Urteil erfolgreich Berufung beim LG ein.
Merke | Tritt innerhalb der Frist dauerhafte Bedürftigkeit ein (z. Unterbringung des Schenkers im Pflegeheim), ist der Anspruch nach § 528 Abs. 1 BGB auch nach Fristablauf nicht nach § 529 Abs. BGB ausgeschlossen. § 529 Abs. 2 BGB führt zu einem Ausschluss des Rückforderungsrechts des Schenkers, wenn der "angemessene" (nicht "standesmäßige", vgl. BGH NJW 05, 3638) Unterhalt des Beschenkten oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird. Das bedeutet, dass diese Umstände nicht bereits eingetreten sein müssen, sondern es muss ernsthaft damit gerechnet werden (BGH NJW 01, 1207). Zur Bemessung des angemessenen Unterhalts sind die jeweils einschlägigen familienrechtlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Maßstäbe auch im Rahmen des § 529 Abs. 2 BGB heranzuziehen (BGH, a. ). Das bedeutet zugleich, dass der Beschenkte u. U. verpflichtet sein kann, sich Mittel für seinen Unterhalt zu beschaffen und einzusetzen sowie einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (BGH NJW 05, 3638; NJW 03, 1384).
Nur wenn ein gesetzliches oder vertragliches Widerrufsrecht vorliegt, gelingt die Rückübertragung des Vermögens. Verarmung, Notbedarf und grober Undank – die gesetzliche Rückforderungsgründe Ein gesetzliches Widerrufsrecht steht den Schenkern zu, die nach dem Vollzug der Schenkung außerstande sind, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten und ihren gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber Angehörigen nachzukommen (Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers, § 528 BGB). Der Beschenkte kann die Rückgabe des Geschenks dadurch abwenden, dass er dem Schenker die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Dieses Rückforderungsrecht wegen Verarmung des Schenkers machen sich immer häufiger auch die Sozialhilfeträger zu Eigen. Wegen des Nachrangs der Sozialhilfe ermöglicht das Sozialrecht eine entsprechende Überleitung des Anspruchs. Wer schon vor der Erfüllung des Schenkungsversprechens in eine wirtschaftliche Notlage kommt, darf den Vollzug der Schenkung so lange verweigern, wie die Erfüllung seinen angemessenen Unterhalt oder die Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten gefährden würde ( Einrede des Notbedarfs, § 519 BGB).
Dies gilt nicht, wenn die Zuwendung in Form eines Geldbetrags erfolgte. f) Anspruchsumfang Dem in Anspruch genommenen Beschenkten bleibt die Möglichkeit, den Umfang des geltend gemachten Anspruchs zu bestreiten. Der Schenker (bzw. der Träger der Sozialhilfe bei übergeleiteten Ansprüchen) muss darlegen und beweisen, wie hoch sein Unterhaltsbedarf ist. Über seine Bedürftigkeit hinaus kann er keinen Anspruch verfolgen. Die weitere Begrenzung des Anspruchs ist der Wert der Zuwendung. Die Frage der Bedürftigkeit ist nach dem geltenden Unterhaltsrecht zu bestimmen. So besteht dann kein Notbedarf, wenn der Schenker eine nahe liegende Erwerbsmöglichkeit nicht nutzt. Merke | Der Begriff der Angemessenheit des Lebensbedarfs i. von § 528 Abs. 1 BGB bemisst sich objektiv. Der Schenker kann auf einen Unterhalt verwiesen werden, der nicht zwingend seinem bisherigen Lebensstil entspricht, sondern der objektiv seiner Lebensstellung nach der Schenkung angemessen ist. Er soll nicht so gestellt werden, als habe er die Schenkung nicht gemacht und könne deswegen seinen gewohnten Lebensstil ohne jede Einschränkung beibehalten (BGH NJW 03, 1384).
In der Praxis kommt es immer häufiger vor, dass Pflegebedürftige in einem Pflegeheim untergebracht sind, ihre Einkünfte nicht zur Deckung der damit verbundenen Kosten ausreichen und ihr Vermögen verbraucht ist. Hat der Pflegebedürftige in der Vergangenheit beispielsweise seinen Kindern Schenkungen gemacht, so kann es sein, dass diese wegen "Verarmung des Schenkers" zurückgefordert werden können. Gemäß § 528 BGB kann der Schenker von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern, soweit er nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Voraussetzung ist, dass der Beschenkte noch durch die Schenkung bereichert ist. Der Träger der Sozialhilfe kann gemäß § 93 Abs. 1 SGB XII durch schriftliche Anzeige an den/die Beschenkten bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen auf ihn übergeht. Man spricht vom sog. Sozialhilferegress.
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